Lesejahr C: 2024/2025

1. Lesung (2 Makk 12,43-45)

43 Er veranstaltete eine Sammlung, an der sich alle beteiligten, und schickte etwa zweitausend Silberdrachmen nach Jerusalem, damit man dort ein Sündopfer darbringe. Damit handelte er sehr schön und edel; denn er dachte an die Auferstehung. 44 Denn hätte er nicht erwartet, dass die Gefallenen auferstehen werden, wäre es überflüssig und sinnlos gewesen, für die Toten zu beten. 45 Auch hielt er sich den herrlichen Lohn vor Augen, der für die hinterlegt ist, die in Frömmigkeit entschlafen. Ein heiliger und frommer Gedanke! Darum ließ er die Toten entsühnen, damit sie von der Sünde befreit werden. 

Überblick

Was passiert, wenn Du an Gottes Seite stirbst – aber als Sünder? Dann entsteht daraus Verantwortung für die Lebenden.

 

1. Verortung in der Geschichte und im Buch

Ab dem Jahr 198 v. Chr. herrschten die Seleukiden – eine hellenistische Herrscherdynastie aus Kleinasien – das ehemalige Gebiet der Königreiche Juda und Israel. Der seleukidische König Antiochus IV. Ephihanes (175-164 v. Chr.)  verfolgte das Ziel Jerusalem in eine hellenistische Stadt zu wandeln. So erließ er unter anderem im Jahr 167 v. Chr. mehrere Dekrete, durch die die Ausübung der jüdischen Religion radikal eingeschränkt wurde. Infolge dessen fielen viele Juden von der Tora ab. Unter den verbliebenen Toratreuen wuchs der Wille zum aktiven Widerstand, an dessen Spitze sich die Hasmonäer, eine Priesterfamilie aus Modiin, setzten. Ihr Ziel war die Restituierung von Tempel und Kult sowie die Befreiung von der Fremdherrschaft verbunden mit dem Erlangen politischer Unabhängigkeit. Ihr Anführer war ab 166 v. Chr. Judas Makkabäus, dessen Namen die Makkabäerbücher tragen. Das 1. und 2. Makkabäerbuch erzählen den durch Gottes Hilfe erfolgreichen Kampf der Hasmonäer/Makkbäer gegen die Seleukiden.

In 2 Makk 8,1-10,9 wird der Sieg über Antiochus IV. Ephiphanes erzählt. Unter Gottes Führung wird Jerusalem eingenommen, der Tempel gereinigt und neugeweiht (daher stammt das jüdische Channukka-Fest). Damit ist jedoch das Seleukidenreich noch nicht besiegt, 2 Makk 10,10-13,26 erzählen von der folgenden Bedrängung durch Antiochus V. Eupator – doch seine Angriffe blieben erfolglos, da – so erzählt es das 2. Makkabäerbuch – Gott seinem Volk weiterhin Beistand.

 

2. Aufbau

Die für die Lesung ausgewählten Verse gehören zu einem größeren Erzählkontext, aus dem heraus sich ihr Sinn erschließt. In 2 Makkabäer 12,32-45 wird der Kampf gegen den seleukidischen Statthalter Idumäas namens Gorgias und den sich daraus ergebenen theologischen Problemen erzählt. Der beschriebene Kampf wird von Seiten der Makkabäer begleitet von „Kriegsgeschrei und Preisliedern“ (Vers 37) – der Anlass, dass in dem Kampf, obwohl Gott an ihrer Seite stand, Juden starben (siehe V. 34). Dies wird nicht mit der Stärke des Gegners erklärt, sondern als Gottes Strafe, da bei den getöteten Juden vermutlich als Beute mitgenommene Amulette oder Figurinen der Götter von Jamnia gefunden wurden: „Da entdeckten sie, dass alle Toten unter ihren Kleidern Amulette der Götter von Jamnia trugen, obwohl das den Juden vom Gesetz her verboten ist. Da wurde allen klar, dass die Männer deswegen gefallen waren,  und sie priesen nun alle das Wirken des Herrn, des gerechten Richters, der das Verborgene ans Licht bringt“ (Verse 40-41). Dies wird im 2 Buch der Makkabäer zum Anlass erzählerisch darüber nachzudenken, was mit eigentlich Frommen geschieht, die kurz vor ihrem Tod sündigen und nicht mehr durch Buße zu ihrem Gott umkehren konnten. 

In der Autorität Judas des Makkabäers wird erzählerisch eine kultische Antwort auf dieses Problem gegeben: (1.) ein Bittgottesdienst zur Vergebung der Sünden (Vers 42), (2.) eine Kollekte, um ein Sündopfer für die Getöteten in Jerusalem darbringen zu können (Vers 43). Judas der Makkabäer wird als Vorbild dargestellt, der durch seine Mittlerrolle die Entsühnung nach dem Tod für Gestorbene ermöglicht, bzw. diese Möglichkeit wird erstmals innerhalb des Alten Testaments erklärt.

 

3. Erklärung einzelner Verse

Vers 43: Wird die Kollekte von jedem der Überlebenden eingesammelt oder für jeden Gefallenen einzeln? Der griechische Text ermöglicht beide Lesearten (wörtlich „Mann für Mann“. Vermutlich ist diese Offenheit gewollt. Es ging um das Heil eines jeden Gefallenen, um das sich jeder Überlebende kümmerte, sodass ein Sündopfer (siehe Levitikus 4) im Tempe dargebracht werden konnte. Dass der Erzähler in diesem Kontext Judas den Makkabäer besonders lobt und darauf hinweist, dass er so handelte, da er „an die Auferstehung dachte“, ist auch ein Verweis darauf, dass im damaligen Kontext der Glaube an die Auferstehung nicht unumstritten war (siehe Auslegung).

Vers 44: Dieser Vers betont nochmals, im Sinne eines Kommentars, dass dieser Glaube und ein solches Handeln, nicht sinnlos sind. 

Vers 45: Das Sündopfer ist aus der Sicht dieses Verses zusätzlich zu dem Gebet (Vers 42) notwendig, um eine Entsühnung für die Toten zu erlangen. Dass die Toten von der Sünde „befreit“ werden müssen, da sie ansonsten nach dem Tod eine Strafe erleiden.

Auslegung

Der Glaube an die Auferstehung war in der Zeit Judas‘ des Makkabäers nicht unbestritten. Gewichtige gesellschaftliche Gruppen wie die Sadduzäer glaubten nicht an sie (vgl. Lukas 20,27-40). In 2 Makkabäer 12,32-45 hingegen wird betont, dass der Auferstehungshoffnung eine hohe Wichtigkeit sowohl für die Lebenden als auch für die Toten zukommt. Entscheidend ist der zugrundeliegende Glaube, dass nur diejenigen zur Herrlichkeit Gottes auferstehen, die frei von Sünde sind. Damit stellte sich die Frage, was denn geschehe, wenn ein frommer Mensch vor seinem Tod sündigt und dann stirbt. Anhand dieser Fragestellung entsteht der Glaube, dass Lebende durch ihr Gebet und die Darbringung stellvertretender Opfer Heil für Verstorbene bewirken können. Dies wird gar als Akt der Frömmigkeit gepriesen.

Kunst etc.

In Darstellungen werden die Makkabäer als Kämpfer für ihren Gott und ihren Glauben immer als große Sieger dargestellt, Judas Makkabäus wird gar, wie auf diesem Druck aus dem 16. Jahrhundert eingereiht in die großen Helden, Josua und David – sozusagen als Feldherr Gottes. Im 2. Buch der Makkabäer wird hierbei besonders der Beistand Gottes betont. In 2 Makkabäer 12 wird dies zum Beispiel daran deutlich, dass alle Kampfhandlungen von Gebeten begleitet sind (Verse 6.15.28.36) und der Erzähler Gottes Eingreifen auch explizit erzählt (Verse 11.16.22). In diesem Kontext bricht die Frage auf, wenn die Krieger loyal an Gottes Seite stehen, wie es sein kann, dass Gott Verluste auf der Seite der Makkabäer nicht vollständig verhindert.

“Josua, David, Judas Makkabäus” (1515-1517), Lucas van Leyden. Lizenz: gemeinfrei. Quelle: https://picryl.com/media/joshua-david-and-judas-maccabee-from-the-nine-heroes-7084bc

“Josua, David, Judas Makkabäus” (1515-1517), Lucas van Leyden. Lizenz: gemeinfrei.
“Josua, David, Judas Makkabäus” (1515-1517), Lucas van Leyden. Lizenz: gemeinfrei.