Demut als Weg zur Macht? Demut ist der Weg nicht nur zu Erkenntnis, sondern zu einer engen Beziehung zu Gott.
1. Verortung im Buch
Um zu erklären, was Gottesfurcht ist, verweist der Weisheitslehrer Jesus Sirach auf das Gebot die Eltern zu ehren (Sirach 3,1-16), seine Lehre was Demut und Bescheidenheit bedeuten (Sirach 3,17-29) und die Mahnung zum Beistand für Hilfsbedürftige (Sirach 4,1-10). Für ihn sind die religiösen und sozialen Dimensionen des Lebens nicht voneinander zu trennen – denn Gottesfurcht spiegelt sich in der eigenen Existenz wieder. Gottesfurcht drückt sich für ihn in der Liebestat gegenüber anderen aus – mit dieser Botschaft schließt er seine theologischen Gedanken über die Demut ab und macht aus der Demut einen moralischen Imperativ:
„30 Wasser löscht loderndes Feuer und eine Liebestat sühnt Sünden. 31 Wer Taten der Güte erwidert, dessen erinnert man sich in der Zukunft, im Augenblick seines Falls wird er eine Stütze finden.“ (Sirach 3,30-31)
2. Aufbau
Jesus Sirach mahnt zur Bescheidenheit und Demut (Verse 17-20) – hierfür bedarf es eines verständigen und hörenden Herzens, das sich an der Weisheit ausrichtet (Verse 29). Er warnt vor einem verstockten Herz, das sich nicht an der Quelle der Weisheit ausrichtet, sondern an wilden Spekulationen (Verse 21-28). Der Maßstab für die Demut und die Grundlage für das Herz des Verständigen – und das verschweigt die Auswahl der Verse für die Lesung – ist die von Gott offenbarte Tora und sein Schöpfungswirken:
„22 Was dir geboten worden ist, das überdenke, denn du hast keinen Bedarf an verborgenen Dingen! 23 Verwende keine Mühe auf außergewöhnliche Dinge, denn mehr, als Menschen verstehen können, wurde dir gezeigt!“ (Sirach 3,22-23)
3. Erklärung einzelner Verse
Verse 17-20: Die menschliche Grundhaltung soll Demut sein. Dies bedeutet, sich selbst zu erniedrigen, um sozusagen ein gerechtes Maß herzustellen. Denn Macht besteht im Angesichte Gottes nur in Demut. Sie führt zu einer intimen Beziehung zu Gott und zu einer vertrauensvollen Kommunikation: „Viele sind hochgestellt und berühmt, aber den Bescheidenen offenbart er seine Geheimnisse.“ (Vers 19).
Verse 28-29: Wer sich nicht an der Lehre Gottes ausrichtet, der gleicht einem Blinden (Vers 25). Nur derjenige, der bereit ist Weisheit zu empfangen, vermeidet ein verstocktes Herz. Denn Schüler Gottes und der Weisheit zu sein, bedeutet in Demut die eigene „Kleinheit“ im Angesicht Gottes zu verstehen. Für Jesus Sirach ist nicht das Reden der Weg zum Heil, sondern zuerst das Hören.