Der große König David war doch nur ein Beamter Gottes – und doch verpflichtete sich Gott gegenüber seiner Dynastie.
1. Verortung im Buch
Der Tempel und das israelitische Königtum der davidischen Dynastie sind zwei der grundlegenden Fundamente des israelitischen Glaubens, die sich wie ein roter Faden durch das Alte Testament bis hinein ins Neue Testament ziehen. An der Grenze zum verheißenen Land wird Israel in der langen Abschiedsrede Moses die Festlegung des Ortes verheißen, „die der HERR, euer Gott erwählen wird, indem er dort seinen Namen wohnen lässt“ (Deuteronomium 12,10). Anders als im Alten Orient üblich wird jedoch nicht der Dynastiegründer David den Tempel erbauen, ihm wird der Bau nur verheißen und von seinem Nachfolger vollzogen (siehe 1 Kön 8,14-21). Stattdessen wird David die Gründung einer ewigen Dynastie in seinem Namen verheißen, die am Ende der Bücher der Könige ebenso wie der Tempel untergeht. An die Wiederaufrichtung der davidischen Dynastie nach dem Exil hängen große Teile der prophetischen Hoffnung und an sie erinnert die Geburt Jesu als Sohn Davids.
2. Aufbau
Die von Gott dem Propheten Natan für König David gegebene Verheißung ist durch den dreifachen Verweis auf das Sprechen Gottes gegliedert: Nicht David wird den Tempel bauen (Verse 5-7), sondern die Beziehung Gottes zu David dient dazu, den nötigen Frieden zu errichten (Verse 8-11a), damit Davids Sohn den Tempel bauen kann und in ihm die Dynastie errichtet wird, deren ewigen Bestand Gott garantiert (Verse 12-16).
3. Erklärung einzelner Verse
Verse 1-3: Herrschender Friede ist eine Grundvoraussetzung für einen Tempelbau im Alten Orient. Er wird als Geschenk Gottes gedeutet. Daher ist es auch hier nicht verwunderlich, dass David die Initiative ergreift und beabsichtigt Gott einen Tempel zu bauen, um so den herrschenden Frieden zu sichern. Natan heißt diese Absicht als Berater Davids, nicht als Prophet Gottes, gut aufgrund der besonderen Beziehung Gottes zu David.
Verse 4-7: Gott weist die Bauabsicht Davids zurück, da sie momentan nicht seinem Willen entspricht. In der Vergangenheit hat er von keinem der Anführer und somit auch nicht von David den Tempelbau gefordert. Dies wird nicht aufgrund menschlichen Willens geschehen, sondern gemäß Gottes Plan, den er in den Versen 8-16 offenbart.
Verse 8-11: Gott ist der souveräne Geschichtslenker, der sich des Königs, den er hier nur als „Fürsten“ bezeichnet, bedient. Die besondere Beziehung Gottes zu David dient dem Schutz und dem Wohlergehen seines Volkes. Diese Verhältnisbestimmung ist das grundlegende Vorwort zur folgenden Dynastieverheißung. Nicht David entscheidet über den Tempelbau, sondern Gott bedient sich seiner, um die Voraussetzung für den Tempelbau zu schaffen: Gott garantiert Frieden und besiegt die Feinde.
Verse 12-13: Für seine Lebenszeit verheißt Gott dem König David, den dauerhaften Sieg über seine Feinde und seinen Tod. Der Tempel und die Dynastie werden sozusagen auf den Tod Davids gegründet. Auch im Tod liegt die vollständige Handlungsmacht bei Gott. Er wird den Nachfolger Davids, seinen Sohn, zum König einsetzen und dessen Königtum absichern. Dann wird dieser Sohn den Tempel bauen. Somit wird nicht David seinen Thron und somit seine Dynastie durch den Tempelbau absichern, sondern Gott wird den Tempel durch den ersten Dynastienachfolger bauen lassen und somit die weitere dynastische Abfolge garantieren. Allerdings betont der hebräische Text deutlich, dass der Tempelbau keine Voraussetzung für die Beständigkeit des Thrones ist, sondern beides sind parallele Handlungen.
Verse 14-15: Die besondere Beziehung Gottes zum herrschenden König wird sich auch im Nachfolger Davids fortsetzen. Der König ist ein adoptierter Gottessohn. Die Bezeichnung Gottes als Vater des Königs entstammt der Sprache der altorientalischen Vasallenverträge und verdeutlicht die pädagogische Herrschaft Gottes über den herrschenden Menschen: Er kann ihn bestrafen, aber nicht verwerfen - diese Aussage verwirklicht sich als Salomo, der Sohn Davids, der den Tempel baut, sich anderen Göttern zuwendet, ihnen dient und Kultstätten für sie errichtet (1 Könige 11). Auch nach Salomo besteht die davidische Dynastie fort und ist nicht wie das Königtum Sauls zuvor zugunsten Davids verworfen und ersetzt worden.
Vers 16: Die Verse 12-15 zeigen David den Geschichtsverlauf nach seinem Tod. Er wird sterben, sein Sohn wird ihm auf dem Thron nachfolgen (1 Könige 1-2), Dieser wird den Tempel erbauen (1 Könige 6-8). Und obwohl er sich gegen Gott versündigen wird, wird die errichtete Dynastie nicht, wie zuvor im Falle Sauls geschehen, untergehen (1 Könige 11). Mit dem letzten Satz der Natanverheißung garantiert Gott dem König David, dass zu seinen Lebzeiten seine Dynastie und das mit ihr verbundene Königtum fest errichtet sein werden und Gott beides auf Dauer fortführen wird. Gott bindet sich für alle Zeit an die Dynastie Davids.