Gemeinschaft ist kein Heilmittel im Falle einer ansteckenden Krankheit. Schon das Buch Levitikus spricht da eine deutliche Sprache und empfiehlt Quarantäne.
1. Verortung im Buch und Aufbau
Mitte im Buch Levitikus steht ein Kapitel, das sich mit der menschlichen Haut und möglichen, ansteckenden Krankheiten beschäftigt. Wenig theologisch und eher medizinisch wirkt dies auf den ersten Blick. Sieben verschiedene Fälle werden besprochen, auf die in den Versen 45-46 eine Grundsatzbestimmung für alle Aussätzigen folgt.
Die Verse 43-44 entstammen dem siebten Fall, in der es um Kahlköpfigkeit geht. In den für die Lesung ausgewählten Versen sind die Teilverse, die darauf hinweisen, ausgelassen.
2. Erklärung einzelner Verse
Verse 1-2: Eine der bekanntesten in der Bibel vorkommenden Krankheiten ist צרעת (oft als „Aussatz“ übersetzt). In mehreren Erzählungen des Alten Testament wird Gott als strafender Verursacher dieser Krankheit benannt . Es ist nicht möglich aus den biblischen Texten צרעת mit einer heute bekannten, spezifischen Krankheit zu identifizieren – auch nicht mit Lepra. Der Hinweis, dass die Krankheit auch auf Kleidungsstücken zu finden ist, könnte auf einen Schimmelpilz hinweisen. Es handelt sich um eine hochansteckende Krankheit, die nicht aktiv geheilt werden kann. Jedenfalls nennen Levitikus 13–14 keine menschliche Therapiemaßnahme, sondern der Erkrankte muss in der Isolation abwarten, ob eine Heilung eintritt. Die Entscheidung über diese Quarantänemaßnahme oblag dem Priester.
Verse 43-46: Der Priester soll das Anzeichen auf der Haut untersuchen und darüber entscheiden, ob die Person ‘unrein’ oder ‘rein’ ist (siehe Levitikus 13,3). Diese Entscheidung ist im eigentlichen Sinn keine medizinische Diagnose, sondern eine Beurteilung, ob eine Person oder auch ein Gegenstand am Kult beteiligt sein darf. Im näheren Kontext werden bestimmte Tiere, Aas, die Geburt eines Kindes und Ausflüsse aus den Genitalien als Quellen für Unreinheit benannt (siehe auch Numeri 5,2). In Levitikus 11–15 wird zudem deutlich, dass diese Unreinheit sich durch Berührung ausbreiten kann (siehe auch Numeri 19,22) und dies muss durch Absonderung und Waschung unterbunden werden. Denn diese physische Unreinheit kann bei einer Begegnung mit dem lebendigen Gott im Kult gefährlich werden. Eine Sünde im Sinne einer moralischen Trennung von Gott und im Sinne einer sittlichen Verantwortung entsteht erst dann, wenn die ‘unreine’ Person, die geforderten Maßnahmen bewusst und mit Absicht unterlässt (siehe Numeri 19,13). Zum Schutz der Gemeinschaft muss der einzelne Infizierte isoliert werden. Radikal wird gar gefordert, dass er seine Mitmenschen selbst vor sich warnt. ‘Unrein! Unrein!’ soll er ausrufen und so in seiner Abgeschiedenheit die Distanz aufrechterhalten. Die genannten Trauerriten, eingerissene Kleider und ungekämmtes Kopfhaar, zeigen an, dass der Infizierte nun im Bereich des Todes beheimatet ist. Die Forderung, dass der Bart verhüllt werden soll, ist schwierig zu deuten – vielleicht handelt es sich um eine Maßnahme (nur für Männer), um eine Kontamination durch den Atem zu verhindern.