Lesejahr B: 2023/2024

1. Lesung (Apg 10,34a.37-43)

34Da begann Petrus zu reden und sagte:


37Ihr wisst, was im ganzen Land der Juden geschehen ist, angefangen in Galiläa, nach der Taufe, die Johannes verkündet hat:

38wie Gott Jesus von Nazaret gesalbt hat mit dem Heiligen Geist und mit Kraft, wie dieser umherzog, Gutes tat und alle heilte, die in der Gewalt des Teufels waren; denn Gott war mit ihm.

39Und wir sind Zeugen für alles, was er im Land der Juden und in Jerusalem getan hat. Ihn haben sie an den Pfahl gehängt und getötet.

40Gott aber hat ihn am dritten Tag auferweckt und hat ihn erscheinen lassen,

41zwar nicht dem ganzen Volk, wohl aber den von Gott vorherbestimmten Zeugen: uns, die wir mit ihm nach seiner Auferstehung von den Toten gegessen und getrunken haben.

42Und er hat uns geboten, dem Volk zu verkünden und zu bezeugen: Dieser ist der von Gott eingesetzte Richter der Lebenden und der Toten.

43Von ihm bezeugen alle Propheten, dass jeder, der an ihn glaubt, durch seinen Namen die Vergebung der Sünden empfängt.

Überblick

Perspektivwechsel. Petrus zu Gast beim römischen Hauptmann Kornelius

1. Verortung im Brief
Der Abschnitt der Lesung entstammt dem spannenden 10. Kapitel der Apostelgeschichte (Apg). In seinem Zentrum stehen zwei Hauptfiguren: Petrus und der römische Hauptmann Kornelius. Beide haben eine Vision: Petrus erkennt in der Vision, dass auch Heiden, also Menschen, die nicht den jüdischen Gottesglauben teilten, von Gott in sein Volk gerufen werden können. Zugleich hat der Kornelius eine Vision, die genau so einen Ruf Gottes an ihn, den heidnischen Soldaten beinhaltet. Beide werden in den Visionen aufeinander verwiesen und treffen schließlich im Haus des Kornelius in Cäsarea aufeinander. Der Abschnitt der Lesung entstammt dieser Begegnungsszene und geht der anschließenden Taufe des Kornelius voraus.

 

2. Erklärung einzelner Verse
Verse 37-39a: Im Mittelpunkt steht hier das irdische Wirken Jesu. Petrus setzt das Leben Jesu als nahezu bekannt voraus („ihr wisst“), dennoch erwähnt er zwei Aspekte besonders. Zum einen nimmt er auf die Taufe Jesu Bezug, indem er von der Salbung mit dem Heiligen Geist spricht. Die Taufe offenbart Jesus als den von Gott geliebten Sohn (Lk 4,21-22). Und in dem Wort des Propheten Jesaja, das Jesus bei seinem ersten öffentlichen Wirken in Nazareth zitiert (Lk 4,16ff.), wird deutlich, dass die Geistbegabung Jesu ihn als Gesalbten, als Christus qualifiziert. Petrus möchte also die Identität und Authentizität Jesu klären. Zum anderen nimmt Petrus Bezug auf das heilende Wirken Jesu. Im griechischen Text wird Jesus als Wohltäter (euergetes, εὐεργέτης) beschrieben. Das Wort „Wohltäter“ ist den Lesern der Apostelgeschichte gut bekannt. Mit ihm wurden Staatsmänner, Philosophen, Ärzte etc. umschrieben, die mit ihrem Tun anderen Menschen umfassend Gutes tun. Petrus möchte Jesus also nicht nur in religiösen, sondern auch in gesellschaftlich-sozialen Kategorien als „herausragend“ darstellen.
Indem Petrus sich und die anderen Apostel als Zeugen des irdischen Weges benennt, weist er auf seine eigene Autorität im Hinblick auf das Verstehen und Deuten der Weisungen Gottes.

 

Verse 39b-41: Petrus nimmt nun das Handeln Gottes in den Blick. Nachdem sie, die Juden, Jesus getötet haben, hat Gott ihn auferweckt und den Aposteln erscheinen lassen, was diese als qualifizierte Zeugen erweist. Wichtig ist zu betonen, dass Lukas, der Autor der Apostelgeschichte, mit „die Juden“ nicht alle Juden meint. Ihm geht es um die jüdische Obrigkeit in Jerusalem, die in Jesus eine Gefahr und seinen Tod als einzigen Ausweg sah. Indem Petrus vom „Pfahl“ statt vom Kreuz spricht, meidet er möglicherweise das kritische Zeichen des Todes Jesu, was für viele zunächst unverständlich und ein Zeichen des Anstoßes ist.
Wichtig ist Petrus auch, dass die Zeugenschaft der Auferstehung eine besondere Erwählung ist. Mit dem Auferstandenen gegessen und getrunken zu haben, beweist nicht nur die Realität der Auferstehung, sondern gibt den Zeugen ein besonderes Gewicht, weil dieses Geschenk nicht jedem zuteilwurde.

 

Verse 42-43: Das besondere der Zeugenschaft ist mir einem Auftrag verbunden: Es gilt, die Kunde weiterzutragen. Als Inhalt der Botschaft benennt Petrus die endzeitliche Richterfunktion Jesu, die Kontinuität zu den Schriften Israels und die Vergebung der Sünden. Petrus nimmt hier drei Zeitdimensionen in den Blick, die durch den Glauben an Jesus Christus neu zu betrachten sind.

Auslegung

Mit „jeder, der an ihn glaubt“ bringt Petrus zum Ende seiner Worte das entscheidende Kriterium ins Spiel, was von nun an die Ausrichtung der Verkündigung durch die Apostel verändern wird. Mit der Erzählung von Petrus und Kornelius ist der Beginn eines offenen Zugehens und Verkündens auch auf Nicht-Juden hin gesetzt. Wenn sich das Entscheidende darin vollzieht, dass jemand an Jesus Christus glaubt, dann kann es keine anderen Zugangskriterien, wie Beschneidung oder Befolgung des jüdischen Gesetzes etc. mehr geben.

Die Folgen des Glaubens an Jesus Christus hatte Petrus mit drei Zeitdimensionen umrissen: Zunächst schaut derjenige, der an Christus glaubt, mit anderen Augen auf das Zeugnis der heiligen Schriften. Er liest die Propheten und ihre Weissagungen im Licht des Wirkens Jesu und seines Lebens. Das bedeutet, die alten Zeugnisse werden zu aktuellen Zeugnissen.
Des weiteren hat der Glaube an Jesus Christus eine zukünftige Dimension. Wenn Jesus am Ende der Zeiten zu Gericht sitzt, gibt dies Hoffnung auf Gerechtigkeit. Aus der Hoffnung auf die Gerechtigkeit Gottes durch Jesus am Ende der Zeit ergibt sich dann aber auch eine Folge für die Gegenwart. Wer weiß, dass am Ende der Zeiten gerichtet wird, versucht in der Gegenwart so zu handeln, dass über ihn gut gerichtet wird. Zuletzt wird diese Gegenwartsdimension noch verstärkt, in dem von der Vergebung der Sünden gesprochen wird. Wem die Sünden vergeben sind, dem wird neues Leben geschenkt. Und wer ein solches Geschenk erhält, sollte damit sorgsam umgehen, auf sein Handeln und Denken achten und seinen Mitmenschen vergebend begegnen.

Diese neue Sicht auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist mit der Erzählung von Petrus und Kornelius allen Menschen, egal ob Jude oder Nicht-Jude eröffnet. Das Kriterium des Glaubens an Jesus gewinnt Oberhand gegenüber der Frage nach Herkunft und vorherigem Glauben.

Kunst etc.

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