Perspektivwechsel. Petrus zu Gast beim römischen Hauptmann Kornelius
1. Verortung im Brief
Der Abschnitt der Lesung entstammt dem spannenden 10. Kapitel der Apostelgeschichte (Apg). In seinem Zentrum stehen zwei Hauptfiguren: Petrus und der römische Hauptmann Kornelius. Beide haben eine Vision: Petrus erkennt in der Vision, dass auch Heiden, also Menschen, die nicht den jüdischen Gottesglauben teilten, von Gott in sein Volk gerufen werden können. Zugleich hat der Kornelius eine Vision, die genau so einen Ruf Gottes an ihn, den heidnischen Soldaten beinhaltet. Beide werden in den Visionen aufeinander verwiesen und treffen schließlich im Haus des Kornelius in Cäsarea aufeinander. Der Abschnitt der Lesung entstammt dieser Begegnungsszene und geht der anschließenden Taufe des Kornelius voraus.
2. Erklärung einzelner Verse
Verse 37-39a: Im Mittelpunkt steht hier das irdische Wirken Jesu. Petrus setzt das Leben Jesu als nahezu bekannt voraus („ihr wisst“), dennoch erwähnt er zwei Aspekte besonders. Zum einen nimmt er auf die Taufe Jesu Bezug, indem er von der Salbung mit dem Heiligen Geist spricht. Die Taufe offenbart Jesus als den von Gott geliebten Sohn (Lk 4,21-22). Und in dem Wort des Propheten Jesaja, das Jesus bei seinem ersten öffentlichen Wirken in Nazareth zitiert (Lk 4,16ff.), wird deutlich, dass die Geistbegabung Jesu ihn als Gesalbten, als Christus qualifiziert. Petrus möchte also die Identität und Authentizität Jesu klären. Zum anderen nimmt Petrus Bezug auf das heilende Wirken Jesu. Im griechischen Text wird Jesus als Wohltäter (euergetes, εὐεργέτης) beschrieben. Das Wort „Wohltäter“ ist den Lesern der Apostelgeschichte gut bekannt. Mit ihm wurden Staatsmänner, Philosophen, Ärzte etc. umschrieben, die mit ihrem Tun anderen Menschen umfassend Gutes tun. Petrus möchte Jesus also nicht nur in religiösen, sondern auch in gesellschaftlich-sozialen Kategorien als „herausragend“ darstellen.
Indem Petrus sich und die anderen Apostel als Zeugen des irdischen Weges benennt, weist er auf seine eigene Autorität im Hinblick auf das Verstehen und Deuten der Weisungen Gottes.
Verse 39b-41: Petrus nimmt nun das Handeln Gottes in den Blick. Nachdem sie, die Juden, Jesus getötet haben, hat Gott ihn auferweckt und den Aposteln erscheinen lassen, was diese als qualifizierte Zeugen erweist. Wichtig ist zu betonen, dass Lukas, der Autor der Apostelgeschichte, mit „die Juden“ nicht alle Juden meint. Ihm geht es um die jüdische Obrigkeit in Jerusalem, die in Jesus eine Gefahr und seinen Tod als einzigen Ausweg sah. Indem Petrus vom „Pfahl“ statt vom Kreuz spricht, meidet er möglicherweise das kritische Zeichen des Todes Jesu, was für viele zunächst unverständlich und ein Zeichen des Anstoßes ist.
Wichtig ist Petrus auch, dass die Zeugenschaft der Auferstehung eine besondere Erwählung ist. Mit dem Auferstandenen gegessen und getrunken zu haben, beweist nicht nur die Realität der Auferstehung, sondern gibt den Zeugen ein besonderes Gewicht, weil dieses Geschenk nicht jedem zuteilwurde.
Verse 42-43: Das besondere der Zeugenschaft ist mir einem Auftrag verbunden: Es gilt, die Kunde weiterzutragen. Als Inhalt der Botschaft benennt Petrus die endzeitliche Richterfunktion Jesu, die Kontinuität zu den Schriften Israels und die Vergebung der Sünden. Petrus nimmt hier drei Zeitdimensionen in den Blick, die durch den Glauben an Jesus Christus neu zu betrachten sind.