Der Philemonbrief

Grüsse und Segenswunsch (Phlm 21-25)

21Im Vertrauen auf deinen Gehorsam habe ich dir geschrieben; ich weiß, dass du noch mehr tun wirst, als ich gesagt habe.

22Bereite zugleich eine Unterkunft für mich vor! Denn ich hoffe, dass ich euch durch eure Gebete wiedergeschenkt werde.

23Es grüßen dich Epaphras, mein Mitgefangener in Christus Jesus,

24Markus, Aristarch, Demas und Lukas, meine Mitarbeiter.

25Die Gnade Jesu Christi, des Herrn, sei mit eurem Geist!

Überblick

Sicherlich, ein Briefschluss ist Formsache. Und doch nutzt Paulus den Ausklang seines Schreibens an Philemon, um mehr als nur der Form Genüge zu tun: Noch einmal redet er - manchmal in mehrdeutiger Formulierung - Philemon ins Gewissen hinsichtlich des entlaufenen Sklaven Onesimus, allerdings ohne ihn ausdrücklich zu nennen (Vers 21). Seine Bitte um Quartierbereitung (Vers 22) zeigt, dass Paulus, "ein alter Mann, jetzt auch Gefangener Christi Jesu" (Vers 9), sich längst noch nicht aufgegeben hat. Darin mag ihn beflügeln, dass er auch in Gefangenschaft nicht allein ist. Die Liste der Mitgrüßenden ist für einen im Hausarrest Sitzenden beeindruckend (Verse 23-24). Der abschließende Gnadenwunsch greift zurück auf Vers 3 und bildet mit diesem einen Rahmen um den ganzen Brief (Vers 25).

 

Einordnung in den Kontext

Formal ist nicht ganz eindeutig, mit welchem Vers Paulus in die "Schlusskurve" des Briefes einbiegt. Soll Vers 21 die Verse 19-20 verstärken und ist damit noch zum Briefcorpus zu rechnen, oder ist er eher mit Vers 22 zusammen zu lesen und als eine eigene "Zwischeneinheit" zwischen Briefcorpus und dem abschließenden Grußteil zu verstehen? Allzuviel hängt an der Unterscheidung nicht. Allerdings erhält das kleine Wörtchen "zugleich" (griechisch: háma) in Vers 22 eine "bedrohlichere" Note, wenn man es direkt mit Vers 21 zusammen liest (s. die Kommentierung zum Vers weiter unten). Losgelöst von seinem Vorgängervers könnte man Vers 22 auch einfach als eine für sich stehende hoffnungsvolle Ankündigung lesen, deren einleitendes "zugleich" eher floskelhafte Überleitung zur Bitte ist, die gastliche Aufnahme des Paulus im Hause des Philemon vorzubereiten.

Insgesamt fällt auf, dass die Schlussverse allesamt die vorangehenden Ausführungen des Apostels voraussetzen und von ihnen  her zu verstehen sind. Nur auf diesem Hintergrund ist die viel Raum zur Interpretation gebende Formulierungsweise des Paulus erklärbar.

 

Vers 21a: Paulus wird nachdrücklich

Hatte Vers 19 bereits betont, dass Paulus "mit eigener Hand" den Brief schreibt und damit Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit seines Einsatzes für Onesimus gleichermaßen unterstrichen, erhöht Vers 21 noch einmal den moralischen Druck. Man könnte die zwischen den Zeilen stehende Gedankenführung des Paulus so umschreiben:

"Mein lieber Philemon, bedenke, dass ich mich nicht nur hier in meinem Hausarrest hingesetzt und eigenhändig einen Brief zugunsten des Onesimus an Dich geschrieben habe. Sondern denke auch daran, wer Dir schreibt: Paulus, der Apostel, der Dich einst getauft hat, der Dir die Christusgemeinschaft eröffnet hat und der als Apostel 'durch Christus volle Freiheit hat, dir zu befehlen, was du tun sollst' (s. Vers 8)".

Zwar hatte Paulus ausdrücklich betont, von dieser seiner Autorität nicht Gebrauch machen zu wollen (Vers 9: "ziehe ich es um der Liebe willen vor, dich zu bitten"), faktisch hat er sie aber doch allein schon durch die Erwähnung der Möglichkeit in Vers 8 durchschimmern lassen ("Obwohl ich durch Christus volle Freiheit habe, dir zu befehlen, was du tun sollst, ..."), vor allem aber durch seine Ausführungen in Vers 17 ("Wenn du also mit mir Gemeinschaft hast ...") und Vers 19 ("ohne jetzt davon zu reden, dass auch du dich selbst mir schuldest").

Als würde Paulus der Beschränkung auf "Bitte" (Verse 9 und 10) und "Freiwilligkeit" (Vers 14) sowie der Bereitschaft zur Schuldenbegleichung für Onesimus aus eigener Tasche (Verse 18-19) nicht trauen, zieht er am Ende doch noch einmal die Autoritäts- und Gehorsamskarte. Man muss dieses Vorgehen nicht unbedingt kritisch sehen. Vielmehr ist zu bedenken: Paulus kommt in seiner augenblicklichen Situation selbst nicht an Philemon heran und kann mit ihm nicht von Angesicht zu Angesicht sprechen. Der eine Bitte begleitende liebevolle Blick mit den Augen oder das Spiel mit der Stimme - um nur zwei Beispiele zu nennen - entfallen für Paulus, um auf Philemon einzuwirken. Also nutzt er alle rhetorischen Mittel, die die Briefkunst in damaliger Zeit zu bieten hatte - eine Kunst, die in Zeiten knapper E-Mail-Korrespondenz und noch knapperen Twitterns schwer zu vermitteln ist, zurzeit des Paulus aber hoch entwickelt war.

 

Vers 21b: Paulus erwartet viel

Die letzte konkrete Bitte des Paulus an Philemon im Blick auf Onesimus lautete: "... nimm ihn auf wie mich!" (Vers 17). Dies scheint nun nicht mehr zu genügen, denn der zweite Teil von Vers 21 spricht eindeutig von einem "mehr" im Handeln des Philemon, das Paulus von seinem brieflichen Gegenüber erwartet (wörtlich heißt es im Griechischen: "über das hinaus, was ich sage"). So offen die Formulierung gewählt ist: "... was ich sage" (Einheitsübersetzung: "... gesagt habe") kann sich nur auf die Verse 17-21 beziehen, also auf die "Aufnahme" des Onesimus durch Philemon (Vers 17), und zwar "nicht mehr als Sklaven, sondern als weit mehr: als geliebten Bruder" (Vers 16). So wie Paulus und Philemon sich gegenseitig als "geliebte Brüder" verstehen (Verse 1 und 7), genau so soll auch Philemon als "geliebter Bruder" gelten.

Worin soll dann aber das "mehr" bestehen? Hier kommt als Bezugspunkt eigentlich nur der im ersten Briefteil geäußerte Wunsch in Frage:

"Ich wollte ihn bei mir behalten, damit er mir an deiner Stelle dient in den Fesseln des Evangeliums" (Vers 13).

Philemon soll nach der Vorstellung des Paulus Onesimus nicht nur als "geliebten Bruder" zur Gleichrangigkeit aufsteigen lassen, sondern zugleich auf seinen direkten "Nutzen" (das Wort spielte in Vers 11 eine entscheidende Rolle) verzichten und ihn stattdessen der "Nutznießung" des Paulus überlassen. Wieder formuliert Paulus mehrdeutig: Möchte er Onesimus als Begleiter im Gefängnis haben - so klingt es in Vers 13 -, oder denkt er eher an einen Einsatz des Onesimus als Evangeliumsbote? Darauf lässt die Fortsetzung in Vers 22 eher schließen, denn hiernach hofft Paulus ja auf baldige Freilassung aus dem Gewahrsam. Offensichtlich will er danach als erstes Philemon besuchen. Bei dieser Gelegenheit würde er in dessen Haus auf den inzwischen zurückgekehrten und von Philemon als "geliebten Bruder" aufgenommenen Onesimus treffen und ihn seinem Herrn als Wegbegleiter oder auch selbstständigen Diener des Evangeliums "entführen". Das von Paulus erwartete "mehr" des Philemon wäre also dessen selbstloser Verzicht auf die Dienste des Philemon um Jesu Christi willen, den Philemon mit der Taufe als seinen eigentlichen Herrn anerkannt hat. Insofern solcher Einsatz für Jesus Christus in der Theologie des Paulus durchaus auch reichen Himmelslohn einbringt (vgl. z. B. 1 Kor 3,8: "Wer pflanzt und wer begießt: Beide sind eins, jeder aber erhält seinen eigenen Lohn entsprechend seiner Mühe."; außerdem 1 Korinther 3,14; 2 Korinther 5,10), erschließt sich erst an dieser Stelle vollständig, was Paulus im Sinn hat, wenn er schreibt:

"Einst war er dir unnütz, jetzt aber ist er dir und mir recht nützlich" (Vers 11).

 

Vers 22: Aussichten

Vers 22 schließt inhaltlich nicht nahtlos an, sondern überrascht eher mit der Hoffnung des Paulus, demnächst freizukommen. Geschickt wechselt Paulus von der sehr hohen Erwartung an Philemon im Blick auf Onesimus zu der sehr pragmatischen Bitte, schon einmal "das Gästebett aufzuschlagen".

Liest man allerdings Vers 21 und Vers 22 als eine Einheit (s. o. unter "Einordnung in den Kontext"), wird die - wenn auch unter Vorbehalt stehende - Besuchsankündigung zur "Drohung". Wieder könnte man den zwischen den Zeilen stehenden Gedanken freier formulieren:

"Wenn ich dann komme, mein lieber Philemon, dann möchte ich nicht nur gastfreundlich von Dir aufgenommen werden, sondern dann werde ich sehen, was aus meinen Wünschen bezüglich des Onesismus geworden ist. Und - wie schon gesagt - ich würde ihn dann gerne mitnehmen."

Der erwähnte Vorbehalt ist für Paulus keine leere Floskel. Nein, er glaubt an die Kraft des Gebetes, weil er an die Kraft dessen glaubt, an den sich die Gebete wenden (vgl. z. B. Philipper 1,19, wo Paulus von seiner Rettung "durch euer Gebet und durch die Hilfe des Geistes Jesu Christi" spricht). Gott selbst vermag das Los der Gefangenschaft zu wenden. Diese Aussage verbirgt sich hinter der indirekten Formulierung, "dass ich euch durch eure Gebete wiedergeschenkt werde". Das Gebet des Philemon und seiner Hausgemeinde um einen solchen Ausgang bedeutet für Paulus Trost und ist Ausdruck einer tiefen Glaubensverbundenheit untereinander. Der Teil, den Paulus in dieser solidarischen Gebetsgemeinschaft übernimmt, wurde im Briefeingang benannt:

"4 Ich danke meinem Gott jedes Mal, wenn ich bei meinen Gebeten deiner gedenke. ... 6 Ich bete, dass unser gemeinsamer Glaube in dir wirkt ...".

 

Verse 23-24: Paulus ist nicht allein

Die Liste der Mitgrüßenden ist beeindruckend. Epaphras gilt nach Kolosser 1,7 und 4,12 als der aus Kolossä stammende Gründer der Gemeinde von Kolossä. Er scheint als Missionsbegleiter des Paulus zusammen mit ihm im Hausarrest festgehalten zu werden - wegen der Botschaft von Christus Jesus. Während Epaphras (und Onesimus) außerhalb des Philemonbriefes nur noch in der Ankündigung des Onesimus in Kolosser 4,9 bzw. in der anschließenden Grußliste (Kolosser 4,10-14) begegnen, kennt man Markus, Aristarch, Demas und Lukas außer aus diesen beiden Grußlisten im Philemon- und Kolosserbrief auch noch aus anderen Erwähnungen:

(Johnannes) Markus: Apostelgeschichte 12,12.25; 13,13; 15,37-39; 2 Timotheus 4,11; 1 Petrus 5,13;

Aristarch: Apostelgeschichte 19,29; 20,4; 27,2

Demas: 2 Timotheus 4,11;

Lukas: 2 Timotheus 4,11.

Bei so vielen namhaften Grüßenden, die allesamt bewährte Begleiter des Paulus und Diener des Evangeliums sind, wird sich Philemon kaum den Wünschen des Paulus entziehen können.

 

Vers 25: Ein abschließenderSegenswunsch

Der Segenswunsch am Ende klingt nicht wie ein üblicher Briefgruß. Im damaligen weltlichen Schriftverkehr hätte er eher "Lebt wohl!" geheißen (griechisch: ʼérrōsthe, vgl. Apostelgeschichte 15,29). Was Paulus schreibt, hat hingegen einen liturgischen Unterton. Zusammen mit der Beobachtung, dass Paulus von der Einzelanrede des Philemon zur anfänglichen Anrede an die gesamte Hausgemeinde zurückkehrt ("mit eurem Geist"), dürfte die Formulierung von der Vorstellung inspiriert sein, dass Paulus den Brief im Rahmen einer gottesdienstlichen Versammlung der Hausgemeinde des Philemon vorgelesen wissen will.

Die Rede von der "Gnade Jesu Christi, des Herrn" ist dabei eine prägnante Kurzformel, die in ausführlicher Formulierung lautet: "... "die Gnade Gottes, die euch in Christus Jesus geschenkt wurde" (1 Korinther 1,4). Paulus ist zutiefst davon überzeugt, dass der Mensch ganz aus der geschenkweisen, also nicht durch Leistung und Verdienst erworbenen Zuwendung Gottes lebt. Diese Erfahrung hat schon der alttestamentliche Mensch gemacht (vgl. die Bitte um "Gnade" bzw. Gottes Zusage von "Gnade" in Exodus/2. Buch Mose 33,12.13.16.17 im Gespräch zwischen Gott und Mose: "du hast Gnade in meinen Augen gefunden"). Für Paulus aber ist diese Zuwendung Gottes ("Gnade") ganz besonders im Kreuzestod Jesu und seiner Auferweckung sichtbar geworden. Lieber lässt Gott die letzte Folge menschlicher Sündenverfallenheit, nämlich die todbringende Gewalttätigkeit, an sich selbst (in Gestalt seines menschgewordenen Sohnes) auswirken, als dass er den Menschen dem endgültigen Tod (im Sinne einer dauerhaften Trennung von Gott) überlässt. Aus der Quellkraft dieser liebenden Gottverbundenheit mögen alle, Philemon wie auch die ganze bei ihm versammelte Gemeinde, leben.

 

Auslegung

"... mit eurem Geist" (Vers 25)

"Der Herr sei mit euch." -  "Und mit deinem Geiste." So lauten der Eröffnungsgruß des Priesters und die Antwort der Gemeinde am Beginn jeder Heiligen Messe. Der Schluss des Philemonbriefes führt zur Quelle dieser eigentümlich klingenden Formulierung, die in der Alltagssprache nicht vorkommt: "Und mit deinem Geiste". Zu Recht spricht die die Co-Leiterin des Liturgischen Instituts der deutschsprachigen Schweiz Gunda Brüske einmal von der "Bibel als 'Muttersprache der Liturgie'".

Was aber soll mit dem ungewöhnlichen Wunsch gemeint sein?

Vom biblischen Sprachgebrauch ist zunächst einmal festzuhalten, dass der Vorstellungshintergrund von "Geist" weder in die Welt der "Geister" verweist noch als Gegensatz zur Materie gedacht wird. "Atem" und "Wind" sind diie beiden Grundbedeutungen des im Hebräischen zugrunde liegenden Wortes ach. (Es ist also kein Zufall, dass es im Pfingstbericht Apostelgeschichte 2,1-13 vom Hereinbrechen des Geistes heißt: "Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen" [Vers 2].)

Beide Grundbededeutungen, "Atem" wie "Wind", lassen erkennen, dass "Geist" vor allem eine belebende und bewegende Kraft ist. Energie und Dynamik, Kraft und Antrieb zeichnen den "Geist" Gottes aus, den er gibt.

Paulus nun bindet diesen "Geist Gottes" noch einmal besonders an Jesus Christus. "Geist Gottes" und "Geist Christi" werden austauschbar:

"9 Ihr aber seid nicht vom Fleisch, sondern vom Geist bestimmt, da ja der Geist Gottes in euch wohnt. Wer aber den Geist Christi nicht hat, der gehört nicht zu ihm. ... 11 Wenn aber der Geist dessen in euch wohnt, der Jesus von den Toten auferweckt hat, dann wird er, der Christus von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen, durch seinen Geist, der in euch wohnt" (Röm 8,9.11)

In Christus ist also dieselbe belebende und bewegende Kraft am Werk, die in Gott selbst wirkt. Das gilt ganz besonders für den durch die Auferweckung beglaubigten Sohn Gottes, die durch Gottes "Geist" (verlebendigende Schöpferkraft) bewirkt ist.

Die Taufe auf diesen Jesus Christus bewirkt schließlich eine "Geist"-Verbindung zwischen Christus und den Glaubenden:

"Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen, Juden und Griechen, Sklaven und Freie; und alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt" (1 Korinther 12,13).

Aus diesem Geist aber gilt es, das Leben zu gestalten, d. h. ihn als innere Energie und Dynamik, als Kraft und Antrieb, die mit der Taufe "eingegossen" sind, wahrzunehmen:

"Lasst nicht nach in eurem Eifer, lasst euch vom Geist entflammen und dient dem Herrn!" (Röm 12,11).

In für Paulus typischer diaklektischer Ergänzung sind aber "dienen" und "Freiheit" zusammenzudenken:

"Der Herr aber ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit" (2 Korinther 3,17).

Dieses Wirken aus dem "Geist" äußert sich im Gebet (Römer 8,15 spricht vom "Geist der Kindschaft ..., in dem wir rufen: Abba, Vater!"), vor allem aber in den vielfältigen Geistesgaben (Charismen) von der Verkündigung über Leitungsaufgaben bis hin zu Liebeswerken aller Art und Hilfsdiensten (vgl. 1 Korinther 12,4-30).

Mit dem Wunsch "Die Gnade Jesu Christi, des Herrn, sei mit eurem Geist!" zielt Paulus also darauf, dass die liebende Zuwendung Gottes und seine Stärkung hinein in das Kraft- und Energiezentrum des Menschen hineinwirken möge, das ihm mit der Taufe gegeben ist und das zugleich allen Getauften gemeinsam ist. Es ist der eine Geist, der alle verbindet.

Insofern auch der Priester von diesem Geist durch Taufe und Firmung erfüllt ist, wird er auf diesen seinen Personenkern der Christusverbundenheit hin angesprochen, wenn die Gemeinde antwortet: "Und mit deinem Geiste". Zutreffend löst die schon zitierte Gunda Brüske die Antwort mit folgender Umschreibung auf: "Und mit dir als einem, der in seiner Taufe den Geist des Herrn empfangen hat". 

In der Tradition wird diese Antwort der Gemeinde allerdings besonders auf das Amtscharisma des Priesters bezogen. Ein letztes Mal soll auch hierzu Gunda Brüske zu Woirt kommen: "Die mit dem kirchlichen Amt geschenkte besondere Gabe hat allerdings keinen anderen Geber als den Herrn, der der Geist ist, der auch den Getauften verschiedene Charismen austeilt und die Kirche zur Einheit der Glaubenden verbindet. In diesen Raum der Gnade, des Friedens und der Freiheit (vgl. nochmals 2 Kor[inther] 3,17) treten alle, die zusammen Messe feiern. Ein nicht ganz alltäglicher Gruß ist da nur angemessen."

(Der zitierte Beitrag von Gunda Brüske "Und mit deinem Geiste. Die schwierige Unterscheidung der Geister" findet sich unter: https://liturgie.ch/hintergrund/eucharistiefeier/eroeffnung/78-und-mit-deinem-geiste

 

 

 

Kunst etc.

Rembrandt, Paulus im Gefängnis (1627), Staatsgalerie Stuttgart, gemeinfrei
Rembrandt, Paulus im Gefängnis (1627), Staatsgalerie Stuttgart, gemeinfrei

Als Bild sei noch einmal das der gesamten Briefkommentierung vorangestellte Gemälde Rembrandts "Paulus im Gefängnis" den Schlussgrüßen des Philemonbriefs beigefügt. Historisch stimmt hier so gut wie nichts. Der Foliantenwälzer gehört in die Zeit Rembrandts und hat mit den Pergamentrollen zzt. eines Paulus nichts zu tun. Auch das Bett, auf dem der Apostel sitzt, erinnert eher an niederländische Wohnstuben. Und das Schwert ist natürlich symbolische Zutat als Vorausverweis auf das Martyrium des Apostels.

Dennoch soll das Gemälde noch einmal ins Bewusstsein rufen: Der Philemonbrief gibt sich als ein Schreiben aus der Gefangenschaft. Diese hat Paulus nicht dazu verführt, nur um sich selbst zu kreisen. Nein, für einen einzelnen Sklaven legt er sich ins Zeug - zunächst in der Gewinnung für das Christentum, dann aber vor allem brieflich für sein neues Ansehen beim Herrn Philemon. Darüber hinaus gibt sich Paulus auch nicht auf, sondern rechnet immer noch mit möglicher Freilassung. Sodann setzt er auf die Solidargemeinschaft der mit ihm Glaubenden. Diese zeigt sich in den Besuchern ebenso wie in der Gemeinde des Philemon, um deren Gebet Paulus bittet und die er auch selbst in sein Gebet einschließt.

Und schließlich: Auch wenn Paulus alle rhetorischen Mittel einsetzt, um zum Ziel zu kommen: Die Sprache der Liebe ist ihm auch im Gefängnis nicht verloren gegangen.

Was für ein Apostel!