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Mondverehrung

Biblische Gedanken zur Artemis-Mission der NASA

"Big Moon", fotografiert von  Adventures of KM&G-Morris, verfügbar auf Flickr. Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0.
"Big Moon", fotografiert von Adventures of KM&G-Morris, verfügbar auf Flickr. Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0.

Vor 50 Jahren war der bislang letzte Mensch auf dem Mond. Dann wurde das Apollo-Programm der NASA aus Kostengründen und Perspektivlosigkeit eingestellt. Doch dies bedeutete nicht das Ende der Faszination an diesem einzigen natürlichen Satelliten der Erde – diese Faszination reicht zurück bis in die Bibel und die Wurzeln des heutigen christlichen Glaubens. Am Freitag, den 2. September, wird die US-amerikanische Raumfahrtbehörde ihr neues Artemis-Programm mit dem Start einer Rakete beginnen. Sie trägt das Raumschiff Orion, das den Erdtrabanten mehrmals umrunden soll, hinauf. Im Jahr 2025 sollen dann erstmals wieder Menschen den Mond betreten.

Das neue Programm der NASA, das Astronauten zurück auf den Mond bringen soll, ist nach der griechischen Göttin der Jagd, des Waldes, der Geburt und des Mondes und Hüterin der Frauen und Kinder benannt. Die Verehrung des Mondes als Gott oder Göttin spielte schon lange vor dem griechischen Pantheon vor allem in Mesopotamien, Kleinasien und Syrien-Palästina eine große Rolle – und dies blieb so bis in die Zeit des Alten Testaments. In Ugarit, einer vermutlich zwischen 1194 und 1185 v.Chr. zerstörten Stadt in Nordwesten des heutigen Syriens, hieß der Mondgott Jarichu; sein Name klingt bis heute im hebräischen Wort für den Mond nach: ירח (gesprochen: jareach). – und im Alten Testament lassen sich viele Hinweise finden, dass die Mondverehrung, ja seine Vergöttlichung, lange Zeit eine religiöse Praxis in Israel war, gegen welche die biblischen Autoren anschrieben und sie unter der Androhung der Todesstrafe verboten:

Wenn in deiner Mitte, in einem der Stadtbereiche, die der HERR, dein Gott, dir gibt, ein Mann - oder auch eine Frau – […] hingeht, anderen Göttern dient und sich vor ihnen niederwirft - und zwar vor der Sonne, dem Mond oder dem ganzen Himmelsheer, was ich verboten habe […] dann sollst du diesen Mann oder diese Frau, die den Frevel begangen haben, den Mann oder die Frau, zu einem deiner Stadttore führen und steinigen und sie sollen sterben“ (Deuteronomium 17,2-5).

Ja, der Mond, bzw. dessen Verehrung wurde lange Zeit in den biblischen Schriften als Konkurrenz zum Glauben an den Gott Israels angesehen. Im Buch des Propheten Jesaja wird in einem Abschnitt, der sogenannten Apokalypse (Jesaja 24-27), die Überwindung des Mondgottes und des Sonnengottes in einem endzeitlichen Kampf durch den Gott Israels vorausgesehen:

Dann wird der weiße Mond sich schämen und die heiße Sonne zuschanden werden, denn der HERR der Heerscharen ist König auf dem Berg Zion und in Jerusalem / und seinen Ältesten gegenüber ist Herrlichkeit“ (Jesaja 24,23).

Der Mond ist jedoch zugleich ein positives Sinnbild in der Glaubenswelt des Alten Testaments. Er steht für Beständigkeit und den Rhythmus der Zeit. Im Buch des Propheten Jeremia ist er ein Symbol für den dauerhaft bestehenden Bund Gottes mit seinem Volk:

So spricht der HERR, der die Sonne bestimmt zum Licht am Tag, die Ordnungen des Mondes und der Sterne zum Licht in der Nacht, der das Meer aufwühlt, dass seine Wogen brausen - HERR der Heerscharen ist sein Name: Nur wenn dieses Gesetz vor mir ins Wanken geriete - Spruch des HERRN -, nur dann könnten Israels Nachkommen aufhören, für alle Zeit vor meinem Angesicht ein Volk zu sein“ (Jeremia 31,35-36).

Der Mond ist ein durch Gott eingesetzter Himmelskörper und sein Zunehmen und Abnehmen ist ein Naturgesetz – bis heute bestimmt der Neumond im Judentum den Anfang eines neuen Monats. Die alttestamentlichen Gesetze legen den Neumondtag sogar ohne heilsgeschichtliche Begründung und somit im Anklang an altorientalische Gegebenheiten als Feiertag, an dem am Heiligtum kultische Feiern mit umfangreichen Opfern stattfanden, fest (siehe z.B. Numeri 28,11-15). Und bis heute rufen jüdische und christliche Gläubige den Mond zum Lobpreis Gottes auf:

Halleluja! Lobt den HERRN vom Himmel her, lobt ihn in den Höhen: Lobt ihn, all seine Engel, lobt ihn, all seine Heerscharen, lobt ihn, Sonne und Mond, lobt ihn, all ihr leuchtenden Sterne, lobt ihn, ihr Himmel der Himmel, ihr Wasser über dem Himmel!“ (Psalm 148,2-4)

Wenn in den nächsten Wochen das Raumschiff Orion den Mond umrunden wird, fliegt etwas von Menschen Erschaffenes, um einen natürlichen Erdtrabanten. Wieder blicken wir Menschen hinauf auf den Mond, der im Licht der Sonne erscheint. Für die Theologen des Alten Testaments ist sein Widerschein ein Symbol der Beständigkeit Gottes. Doch die Geschichte des Alten Testament zeigt auch, dass der Glaube an den einen Gott, keine Selbstverständlichkeit ist – ja, die Verehrung des Gottes Israels musste sich gegen die gelebte Praxis der Mondanbetung durchsetzen. Und das gelang, indem der Mond zu einem Sinnbild für die Treue Gottes und das Neumondfest ein Feiertag des einen Gottes wurde.

Titelbild: "Big Moon", fotografiert von Adventures of KM&G-Morris, verfügbar auf Flickr. Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0.

Die Meinung des Autors spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktionsleitung von In Principio wieder.