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Lerne, Kirche!

Hören und Lernen - der synodale Weg der Weltkirche

Die katholische Weltkirche begibt sich auf den synodalen Weg, der vor allem durch ein gegenseitiges Zuhören geprägt sein wird. Der in verschiedene Phasen untersteilte synodale Weg „ermöglicht ein wirkliches Anhören des Gottesvolkes und zugleich eine Einbeziehung aller Bischöfe auf den verschiedenen Ebenen des kirchlichen Lebens“, steht im Dokument des Synodensekretariats in Vorbereitung auf die 16. Ordentliche Generalsversammlung der Bischofssynode, die unter dem Motto „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation und Mission“ stehen wird. „Es wird eine Zeit der Unterscheidung der versammelten Hirten (Bischofskonferenz) beginnen, die aufgefordert sind, auf das zu hören, was der Heilige Geist in den ihnen anvertrauten Ortskirchen erweckt hat.“ 

Zuhören kann Lernen bedeuten – und Lernen bedeutet Veränderung. Bereits das Zuhören verändert das Verhalten. Eine Änderung im Verstehen von Sachverhalten kann eintreten – Wissen wird vermehrt. Rasant ist die Lerngeschwindigkeit von Babys und Kleinkindern – und umso älter ein Mensch wird, umso anstrengender und zeitraubender wird der Lernprozess. Vom ersten bis zum letzten Atemzug ist der Mensch durch Veränderung geprägt.

Lernt!

Lernen bedeutet mit Neuem vertraut werden, es zu erkennen, es zu verstehen. Ja, es ist der Versuch weise zu werden. Es ist wenig überraschend, dass im Alten Testament das hebräische Wort für „lernen“ (למד, gesprochen: lamad) als Objekt Israels Tradition des Lebens vor Gott hat. Die von Gott dem Volk gegebenen Heilsordnungen, die Gebote und Gesetze, gilt es zu lernen.

Mose rief ganz Israel zusammen. Er sagte zu ihnen: Höre, Israel, die Gesetze und Rechtsentscheide, die ich euch heute vortrage! Ihr sollt sie lernen, sie bewahren und sie halten.“ (Deuteronomium 5,1)

Das was es zu lernen gilt, ist das durch Gott vermittelte Wissen und das Wissen um ihn. Für das Buch der Sprichwörter gilt es vor allem darum Gerechtigkeit, Recht und Gottesfurcht zu verstehen (בין, gesprochen: bin). Dass theologisches Wissen oder die Ausrichtung an der Tradition keinen Kontrast zum allgemeinen Wissen steht wird besonders in einer Stelle im Buch Deuteronomium betont:

Ist er [Gott] nicht dein Vater, dein Schöpfer? Hat er dich nicht geformt und hingestellt? Denk an die Tage der Vergangenheit, lerne aus den Jahren der Geschichte! Frag deinen Vater, er wird es dir erzählen, frag die Alten, sie werden es dir sagen.“ (Deuteronomium 32,6-7)

Doch um weise zu sein (חכם, gesprochen: chacham) bedarf es gemäß dem Buch der Sprichwörter noch mehr. Mahnende Worte sind ein wichtiger Wegweiser.

Hört die Mahnung und werdet weise, lehnt sie nicht ab!“ (Sprichwörter 8,33)

Und dabei geht es nicht darum, wer die mahnenden Worte spricht, sondern es geht um die Erkenntnis, die Mahnung zu hören und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Ja, zu lernen bedeutet zu hören und zuzuhören.

Höre, mein Sohn, und sei weise, lenke dein Herz auf geraden Weg!“ (Sprichwörter 23,19)

Hört!

Schon der Prophet Hosea warnte Israel davor, nicht lernfähig zu sein. Denn ein Volk, das nicht auf das Wort Gottes hört und daher unmoralisch handelt, das ist ignorant und deshalb dem Untergang geweiht.

So stürzt das unwissende Volk ins Verderben.“ (Hosea 4,14)

Dies gilt auch für die Kirche und ihre Gläubigen. Zur kirchlichen Tradition gehört das Lernen. Diese stetige Veränderung, die auf das Wirken Gottes in der Welt ausgerichtet ist, ist die diesseitige Lebenskraft der Kirche. Und der Anfang dieses andauernden Lernprozesses ist nicht der eigene Standpunkt, sondern das Hinhören auf Gottes Wort, wie es heute in der Welt durch die Gläubigen erklingt. 

 

Die Meinung des Autors spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktionsleitung von In Principio wieder.