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Frauen voran!

Über die Verkündigung der Frohen Botschaft

"Bleiglasfenster mit der Signatur: J. BESNARD 1880; Darstellung: Frauen am leeren Grab", fotografiert von GFreihalter. Lizenz: CC BY-SA 3.0.
"Bleiglasfenster mit der Signatur: J. BESNARD 1880; Darstellung: Frauen am leeren Grab", fotografiert von GFreihalter. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Laien, und das bedeutet in der katholischen Kirche also auch Frauen, sollen künftig in katholischen Messfeiern predigen dürfen. So hat es sich eine überwältigende Mehrheit der Teilnehmer des katholischen Reformprozesses „Synodaler Weg“ in der letzten Vollversammlung in Frankfurt gewünscht. 169 Delegierte und somit 90,86% der Stimmberechtigten, darunter auch 47 Bischöfe, stimmten für den Vorschlag, eine Ausnahmeregel für die Laienpredigt zu erarbeiten und beim Vatikan für eine Erlaubnis einzutreten. Dieser Beschluss ist ein erster zaghafter Schritt, den andere – wie zum Beispiel die Franziskanerin Schwester Katharina Kluitmann bereits gegangen ist: „Natürlich predige ich, auch in der Eucharistiefeier …“, erklärte sie in der Debatte vor der Abstimmung.

Die ersten Christen sind diesen kraftvollen Schritt hin zu Verkündigung der frohen Botschaft durch Frauen bereits gegangen, als sie die Schriften des Neuen Testaments verfassten. Paulus schrieb 54 oder 55 n. Chr. an die Gemeinde in Korinth: „Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift, und erschien dem Kephas, dann den Zwölf. Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen“ (1 Korinther 15,4-6). Es scheint so, als sei der Auferstandene, Jesus Christus, exklusiv nur Männern erschienen. In Kommentaren ist oft zu lesen, dass Paulus in diesen Versen ein älteres Traditionsstück, also eine bereits feststehende Formulierung übernommen hat – da diese Formel nicht dem Sprachgebrauch des Apostels entspricht. Dafür spricht auch die Aufnahme dieser Formel in dem zwischen 80 und 90 n. Chr. geschriebenen Lukasevangelium: „Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen“ (Lukas 24,34). War also Simon Petrus, der von Paulus Kephas genannt wird, der erste Zeuge der Auferstehung Jesu und somit der erste Verkünder der frohen Botschaft?

In allen Evangelien sind es Frauen, denen durch himmlische Gestalten oder einen Engel am leeren Grab verkündet wird, dass Jesus Christus von den Toten auferweckt wurde. Sie sind es, die den Aposteln das leere Grab verkünden: „Es waren Maria von Magdala, Johanna und Maria, die Mutter des Jakobus, und die übrigen Frauen mit ihnen. Sie erzählten es den Aposteln“ (Lukas 24,10). Bereits im ältesten Evangelium, das vermutlich kurz nach 70 n. Chr. verfasst, wurde erscheint den Frauen am Grab eine himmlische Gestalt und beauftragt sie mit der Verkündigung der frohen Botschaft. „Nun aber geht und sagt seinen Jüngern und dem Petrus: Er geht euch voran nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat“ (Markus 16,7). Nachdem Jesu Jünger bereits bei seiner Verhaftung geflohen waren und nachdem Petrus ihn dreimal verleugnet hatte, waren bei Jesu Tod nur noch seine Jüngerinnen in seiner Nähe – und sie waren zum Grab gekommen, um Jesu Leichnam zu salben. Doch nun, beauftragt mit der Verkündigung der Freudenbotschaft, fliehen auch sie: „Da verließen sie das Grab und flohen, denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten nun niemanden etwas davon; denn sie fürchteten sich“ (Markus 16,8). Das wäre ein schnelles Ende der frohen Botschaft gewesen. Doch das Markusevangelium bleibt dort nicht stehen, sondern setzt neu ein: „Als Jesus am frühen Morgen des ersten Wochentages auferstanden war, erschien er zuerst Maria aus Magdala, aus der er sieben Dämonen ausgetrieben hatte. Sie ging und berichtete es denen, die mit ihm zusammengewesen waren und die nun klagten und weinten. Als sie hörten, er lebe und sei von ihr gesehen worden, glaubten sie es nicht“ (Markus 16,9-11, vgl. auch Johannes 20,11-18). Jesus erscheint nicht zuerst Petrus, sondern Maria aus Magdala, und ermutigt sich durch die persönliche Begegnung zum Vollzug des Verkündigungsauftrags. – In den ältesten Manuskripten des Markusevangeliums fehlen diese Verse und die folgenden Erzählungen der Erscheinungen Jesu. Das Evangelium endet im Verstummen, obwohl es doch selbst ein Zeugnis der frohen Botschaft, dass Jesus von den Toten auferstanden ist, gibt. Doch ein frühchristlicher Autor und in der Perspektive seiner Erzählung Jesus selbst, geben die Frauen nicht auf. Maria aus Magdala, die auch im leeren Grab stand, soll die frohe Botschaft verkünden – doch niemand glaubte ihr.

Auf der Grundlage des Markusevangeliums wurde dann wahrscheinlich um 75 n. Chr. – 20 Jahre nachdem Paulus den Ersten Korintherbrief geschrieben hatte -  das Matthäusevangelium geschrieben. Auch in dieser Version der Jesus-Erzählung sind die Frauen, die ersten Zeugen der Auferstehung und ihre Verkündigerinnen. Ein Engel sagt zu ihnen vor dem offenen Grab: „Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht euch den Ort an, wo er lag! Dann geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: Er ist von den Toten auferstanden und siehe, er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen“ (Matthäus 28,5-7). Ohne selbst in das Grab hineinzuschauen eilen Maria aus Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, zu den Jüngern, getreu des erhaltenen Auftrags. Doch sie werden gebremst. Auf ihrem Weg kommt ihnen Jesus entgegen, der seinen Jüngern erst in Galiläa begegnen will: „Und siehe, Jesus kam ihnen entgegen und sagte: Seid gegrüßt! Sie gingen auf ihn zu, warfen sich vor ihm nieder und umfassten seine Füße“ (Matthäus 28,9). Jesus erscheint den beiden Frauen als ersten Menschen, er kommt zu ihnen, bezeugt seine Auferstehung und sendet sie auch nochmals persönlich zu seinen Jüngern. 

„Er ist auferstanden!“, die Ausbreitung dieser frohen Botschaft - das hatten die ersten Christinnen und Christen schnell verstanden - wurde im Himmel und durch Jesus Christus in die Hände von Frauen gelegt. Sie, die sich ihrem Herrn auch noch nach dessen Tod liebevoll zuwenden wollten, sind der menschliche Beginn des Christentums nach Jesu Kreuzestod. Sie sind die ersten und wahren Verkünder der frohen Botschaft – und heute? Stehen wir, steht die Kirche, wie die Jünger im Markusevangelium vor Maria aus Magdala und glauben, ja vertrauen den Schwestern im Glauben nicht? Am leeren Grab wurde keine Ausnahmeregel formuliert!

 

Die Meinung des Autors spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktionsleitung von In Principio wieder. Der Text erscheint auch parallel auf dem Webblog "Dei Verbum".

Bildquelle: "Bleiglasfenster mit der Signatur: J. BESNARD 1880; Darstellung: Frauen am leeren Grab", fotografiert von GFreihalter. Lizenz: CC BY-SA 3.0.